Unsere Rede bei der Kundgebung „Nicht auf unserem Rücken“
Am Samstag fand bundesweit der Aktionstag „Nicht auf unserem Rücken statt“, der darauf aufmerksam macht, inwiefern der Umgang mit der Corona-Krise auf dem Rücken der ArbeiterInnenklasse ausgetragen wird.
Das Bündnis Solidaritätsnetzwerk Mannheim hat dazu am Paradeplatz eine Kundgebung gehalten und wir haben eine Rede beigesteuert.
Im Video könnt ihr sie euch anhören oder hier vollständig lesen:
Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,
für uns als Offenes Antifaschistisches Treffen Mannheim gibt es verschiedene Beweggründe hier heute auf dieser Kundgebung teilzunehmen und zu sprechen. Selbstverständlich sind wir vor Allem hier, weil wir als Antifaschistinnen und Antifaschisten auch Teil der ArbeiterInnenklasse sind.Wir sind Angestellte, Auszubildende, Studentinnen und Studenten – die genau wie alle anderen betroffen sind von den Auswirkungen des Systems und den Auswirkungen dieser Pandemie. Daher sind wir nicht nur solidarisch mit diesem Protest, vielmehr sind wir ein Teil dieses gemeinsamen Kampfes und ein Teil der linken Bewegung, die diesen führen muss. Der heutige bundesweite Aktionstag „Nicht auf unserem Rücken“ ist ein deutliches Zeichen und ein wichtiger Schritt in diesem Kampf für eine gerechtere Gesellschaft.Doch wir haben auch einen weiteren Grund heute hier zu sein: Als Antifaschistinnen und Antifaschisten führen wir einen Abwehrkampf gegen das Erstarken der extremen Rechten. Diese heutige Kundgebung sehen wir dabei als wichtigen Bestandteil des antifaschistischen Kampfes: Heute um 14.30 Uhr hat die sogenannte „Querdenken“-Bewegung auf dem Ehrenhof des Mannheimer Schlosses eine Großveranstaltung durchgeführt. Eine beachtliche Menge von circa 800-1000 Menschen sind erschienen. Diese selbsternannten „Corona-Rebellen“ protestieren seit Beginn der staatlichen Corona-Maßnahmen deutschlandweit gegen die gesetzlichen Einschränkungen im alltäglichen Leben. Die Teilnehmenden dieser Proteste setzen sich aus vielen unterschiedlichen Spektren zusammen. Von EsoterikerInnen, VerschwörungstheoretikerInnen, BürgerInnen auf der Suche nach Antworten, bis hin zu bekennenden FaschistInnen und Rechtsextremen ist alles dabei.Dabei unterscheidet sich die Zusammensetzung und der Charakter der Proteste von Stadt zu Stadt erheblich. In vielen Städten werden die Proteste zu einem großen Teil von Rechtsextremisten organisiert, besucht und für die Verbreitung ihrer Hetze genutzt. In anderen Städten haben es die Rechten nicht geschafft erfolgreich Einfluss zu nehmen und sich in den Strukturen breit zu machen und stellen einen wesentlich kleineren Anteil der Protestierenden. Dort sind es vermehrt EsoterikerInnen und AnhängerInnen von Verschwörungstheorien, die die Proteste maßgeblich prägen.In Mannheim entstand die Querdenken-Bewegung relativ spät, als Querdenken in Stuttgart seinen Höhepunkt bereits hinter sich hatte. Zu Beginn kamen auch hier in Mannheim mehrere Hundert Menschen zu den „Corona-Rebellen“ und wir als OAT versuchten anfangs klassischen antifaschistischen Protest dagegen zu organisieren. Die Bewegung der „Corona-Rebellen“ verlor in Mannheim allerdings sehr schnell an Aufwind, die Teilnehmerzahlen sanken und die Veranstaltungen wurden zunehmend abstruser und wirrer, die Bewegung zerstritt und spaltete sich.Zudem haben es Rechte und Neonazis in Mannheim bisher nicht geschafft die Querdenken-Proteste zu vereinnahmen und effektiv als Plattform für rechte Ideologien zunutzen. Die heutige Veranstaltung der „Corona-Rebellen“ ist als verzweifelter Versuch zuwerten, diesem Abwärtstrend etwas entgegen zu setzen. Dass dafür dieses Mal unter anderem der AfDler Ralph Bühler als Redner geladen war und bekannte Rechtsextreme wie der Holocaustleugner „Der Volkslehrer“ ihren Besuch angekündigt haben, ist natürlich alarmierend. Unsere Aufgabe als Antifaschistinnen und Antifaschisten ist es, die Entwicklung der „Corona-Rebellen“ weiter genau im Auge zu behalten und mit gezielten Interventionen eine Einflussnahme der extremen Rechten auf die Proteste zu unterbinden.Bei weitem nicht alle Teilnehmenden der Querdenken-Demos sind Nazis. Die Menschen bekommen durch die Corona-Pandemie und den staatlichen Umgang mit der Situation an vielen Stellen die Ungerechtigkeit im Kapitalismus aufgezeigt. Das wirft viele Zweifel und Fragen auf. Die Ursachen für die Unzufriedenheit vieler Menschen auf den Corona-Demos sind teilweise durchaus legitim, nur gehen die Antworten der „Corona-Rebellen“ in die komplett falsche Richtung.Natürlich sollte mit FaschistInnen noch immer nicht geredet werden. Die aktuelle Entwicklung im deutschen Rechtsterrorismus mit faschistischen Morden wie in Hanau oder Halle und einer rechten Szene, die sich zunehmend bewaffnet, zeigt sehr deutlich, dass wir nach wie vor konsequent und mit allen Mitteln gegen FaschistInnen vorgehen müssen. Die Notwendigkeit eines konsequenten Antifaschismus ist daher brandaktuell. Eine Möglichkeit sich im lokalen antifaschistischen Kampf einzubringen bieten wir mit dem Offenen Antifaschistischen Treffen Mannheim, jeden ersten Mittwoch im Monat um 19 Uhr im JUZ Mannheim. Am 05. August findet wieder das erste physische Treffen seit Corona statt.Um die Verbreitung von Verschwörungstheorien einzuschränken und damit auch Nazis die Chance zu nehmen, sich daran hochzuziehen, ist es aber noch wichtiger als sonst, linke Antworten auf die Krise in der Gesellschaft sichtbar zu machen und so den rechten Hetzern langfristig den inhaltlichen Nährboden zu entziehen.Genau jetzt in der heutigen Krise ist die Zeit für offensiven linken Antikapitalismus. Wir dürfen die Kritik am Staat und am System nicht den FaschistInnen und den VerschwörungstheoretikerInnen überlassen. Auch wenn Maßnahmen zur Eindämmung des Virus notwendig sind um uns und unsere Mitmenschen zu schützen, dürfen wir nicht still hinnehmen, dass die Krise wirtschaftlich auf unserem Rücken ausgetragen wird und der einzige wahrnehmbare Protest dagegen auf abstrusen und menschenfeindlichen Theorien beruht. Aktionen in der Öffentlichkeit wie die heutige Kundgebung sind dafür ein wichtiges Mittel.Kapitalismus bedeutet angeblich: Es gilt das Recht des Stärkeren. Nach dieser Logik sind wir alle die Schwächeren, da uns diverse Rechte entzogen werden um die Pandemie abzuwehren, während die Konzerne und die Reichen mit Milliardenhilfen aus der Krise gerettet werden.Und die Schwächeren sollen schon wieder die schwerste Last tragen, während die Stärkeren sich ausruhen?! Wir müssen dazu mit aller Deutlichkeit sagen: Wir sind nicht Schwächeren! Wir sind stark, wir sind die Mehrheit, wir sind das Rückgrat unserer Gesellschaft, unserer Wirtschaft und des Wohlstands in diesem Land. Wir sind nicht länger bereit den Karren alleine mit unserer Kraft für die Reichen aus dem Dreck zu ziehen.Wir haben genug. Nicht auf unserem Rücken!