Bericht: Kundgebung „Solidarisch durch die Pandemie – mit klarer Kante gegen Coronaleugnung“
Am Montag haben sich rund 100 Personen zu einer Kundgebung am Paradeplatz versammelt um gemeinsam für eine klare linke Perspektive in der Pandemiebekämpfung einzustehen. Anbei unser Redebeitrag:
„Heute findet hier in Mannheim eine Demonstration statt – eine Demonstration von Menschen, die ein immer noch tödliches Virus verharmlosen. Menschen, die in ihrem wissenschaftsfeindlichen Wahn die Wirksamkeit von Impfstoffen leugnen. Aber auch Menschen die rassistische, häufig antisemitische Verschwörungsideologien propagieren.
Die Proteste der Corona-Leugner*innen sind keine homogene Bewegung. Nach unserer Einschätzung kann von einer rechten Führerschaft der Proteste in Mannheim nicht die Rede sein. Die Mehrheit bilden esoterische Kleinbürger*innen. Organisierte Rechte treten meist im Hintergrund auf und haben es bislang nicht geschafft, die Bewegung zu vereinnahmen, zumal die bisherige Protestform der sogenannten »Spaziergänge« einen wirklichen politischen Ausdruck erschwerte. Die Gefahr einer Vereinnahmung besteht jedoch weiterhin. Rechtes Gedankengut bleibt gefährlich, auch wenn es von Nicht-Rechten ausgeht.
Wir Antifaschist*innen vom OAT Mannheim haben uns entschlossen, heute aktiv für linke Standpunkte und Analysen einzutreten, statt einem Haufen wissenschaftsfeindlicher Kleinbürger*innen nachzutraben und uns an ihnen abzuarbeiten. Auch wenn Corona-Leugner*innen und Impfskeptiker*innen ein großes Ärgernis und ein Gesundheitsrisiko für uns alle darstellen, dürfen wir an keiner Stelle den Eindruck erwecken, dass deren Protest das Hauptproblem der aktuellen Krise ist.
Das Hauptproblem ist dieser Staat, der mit seiner sogenannten »Pandemiebekämpfung« vor allem eine Sache schützt: nicht etwa Menschenleben, sondern die Profite der Bonzen.
Das haben wir gesehen, als mit Lockdowns so gut wie alle Bereiche unseres Privatlebens stillgelegt wurden aber Farbrikarbeiter*innen weiterhin jeden Morgen in überfüllten Bussen und Bahnen an ihren Arbeitsplatz fahren mussten. Das haben wir auch gesehen als der Daimler-Konzern, der im Jahr 2020 durch Kurzarbeitergeld Einsparungen in Höhe von 700 Millionen Euro machte, Anfang 2021 1,4 Milliarden Euro Dividende an seine Aktionär*innen ausschüttete. Auch Adidas, BMW und VW gingen so vor. Es handelt sich hierbei um staatlich durchgeführte Umverteilung von unten nach oben.
Derweil wurde vor kurzem in Niedersachsen die 60 Stunden Woche für Beschäftigte in der kritischen Infrastruktur ermöglicht. Historisch erkämpfte Errungenschaften der Arbeiter*innenbewegung werden mal eben kurz weggewischt! Im besten Fall bekommen die Betroffenen dafür dieses Mal sogar etwas länger Applaus im Bundestag.
Es scheint fast so, als wolle dieser Staat uns ständig daran erinnern, dass er nicht in unserem Interesse, sondern in dem, der herrschenden Klasse handelt. Umso bezeichnender ist es, dass die Corona-Leugner*innen und Impfskeptiker*innen diese offensichtlichen Missstände und Widersprüche nie auch nur im Entferntesten thematisieren. Hier zeigt sich der wirkliche Charakter der Proteste – es wird nicht quer gedacht, sondern systemkonform. Die Freiheit, die bei diesen Protesten verteidigt werden soll, war schon immer bloß die Freiheit derer, die es sich leisten konnten. Die Bewegung ist durch und durch bürgerlich und bleibt verbalradikal.
Denn der Beginn der Pandemie war kein plötzlicher Bruch mit dem Bestehend,en sondern ein konsequentes »Weiter-so«, neoliberaler Profitlogik. Daran wird sich auch mit einem Ende der Pandemie nichts ändern – im Gegenteil! Es ist mit weiterem Sozialstaatsabbau und sonstiger arbeiter*innenfeindlicher Politik zu rechnen um den wirtschaftlichen Aufschwung nach der Krise weiter anzukurbeln. Doch wir wissen; die Krise heißt nach wie vor Kapitalismus und sie wird nach wie vor auf dem Rücken der arbeitenden Klasse ausgetragen!
Das hat zur Folge, dass immer größere Teile der Bevölkerung von akuter Armut betroffen sind oder von Abstiegsängsten gequält werden. In dieser Entwicklung ist die Hinwendung zu reaktionärem Gedankengut indirekt angelegt. Wenn wir es nicht schaffen diesen Personengruppen glaubhafte Perspektiven zu bieten, dann haben rechte Agitator*innen leichtes Spiel. Es ist unsere Aufgabe als radikale Linke, das Bewusstsein der Massen für die Ungerechtigkeiten und Widersprüche dieses menschenverachtenden Wirtschaftssystems zu schärfen um es letztendlich zu überwinden. Das schaffen wir am besten, indem wir an den akuten Problemen der Menschen ansetzen. Ob steigende Mieten, oder Hungerlöhne, diese Probleme müssen wir in politisch-ökonomische Kämpfe übersetzen. Solche Kämpfe sind wichtig. Nicht weil wir uns langfristige Lösungen aus ihnen erhoffen, sondern weil sie uns als Klasse zusammenschweißen und uns als Lehrstück dienen, gegen wen unsere Kritik, unser Protest sich wenden muss. Wir können uns dabei weder auf die im Parlament sitzenden, bürgerlichen Parteien, noch auf rechte Verschwörungspropheten verlassen. Die einen machen Politik für die herrschende Klasse, die anderen bieten uns pseudorevolutionäre Lösungen.
Wir dürfen uns nicht von den einen einspannen lassen um die anderen zu bekämpfen. Gegen den Kapitalismus und gegen Corona-Leugnung – für solidarische Krisenlösungen jenseits dieses Systems!“